Abheben ohne abzuheben
Kristina Gadschiew vom Leichtathletikzentrum (LAZ) Zweibrücken gehört zu den erfolgreichsten Stabhochspringerinnen in Deutschland. Mit ihrem dritten Platz mit 4,65 Meter bei der Hallen-Europameisterschaft in Paris hat sie am Sonntag den internationalen Durchbruch geschafft. Das lässt sich aus ihrer Vita ablesen. Die 26-jährige Lehramtsstudentin für Chemie und Sport an der TU in Kaiserslautern hat sich in den vergangenen Jahren, wenn man einmal von den Olympischen Spielen 2008 in Peking und den Freiluft-Europameisterschaften in Barcelona 2010 absieht, für alle internationalen Meisterschaften von den Hallen-Europa- und Weltmeisterschaften bis zur Weltmeisterschaft 2009 in Berlin qualifiziert. Nicht umsonst gehört die B-Kader-Athletin des Deutschen Leichtathletik-Verbandes dem Perspektiv-Kader für die Olympiade 2012 in London an.
Neben der EM in Paris hat die Hornbacherin, die von Bundestrainer Andrei Tivontchik trainiert wird, ihre größten Erfolge bei den Universiaden, den Weltmeisterschaften der Studenten, in Bangkok (2007) und Belgrad (2009) erreicht, wo sie jeweils die Silber- und die Bronzemedaille errungen hat. Nicht überraschend kam im vergangenen November die Auszeichnung des Deutschen Hochschulverbandes zur „Sportlerin des Jahres 2010“. Diese Auszeichnung der mehrfachen Deutschen Hochschulmeisterin soll für alle Leistungssport treibenden Studenten ein Ansporn sein. Kristina Gadschiew verkörpert mit ihren Erfolgen, dass Sport und Studium ausgezeichnet unter einen Hut zu bringen sind.
Doch ist ein Abschluss keineswegs in der Regelstudienzeit zu schaffen. So musste die Stabhochspringerin wegen der Deutschen Meisterschaften und der Hallen-EM in Paris sowie einem dreiwöchigen Trainingslager im März in Portugal Klausuren und Zwischenprüfungen in den April verschieben. „Ich muss den Rücken freihaben“, erklärte sie wohl wissend.
Mit der Bronzemedaille ist Kristina Gadschiew ein spektakulärer Triumph gelungen. Sie hat nahtlos an die Deutschen Meisterschaften in Erfurt angeknüpft, wo sie mit ihrem zweiten Platz mit 4,60 Meter bereits für ein Ausrufezeichen gesorgt und die Fahrkarte für die EM gelöst hatte.
Angesichts der Leistungsdichte im deutschen Frauen-Stabhochsprung war damit nicht unbedingt zu rechnen. Doch hat Kristina Gadschiew die richtige Balance in der Wintersaison gefunden, in der sie sich nicht unter Druck gesetzt hat. Doch welches Potenzial in ihr steckt, hatte sie spätestens bei den Rheinland-Pfalz-Meisterschaften angedeutet, als sie ihre Bestleistung auf 4,61 Meter und wenige Wochen später in Karlsruhe auf 4,66 Meter gesteigert hat. Mit dieser Höhe hat die Hornbacherin, die einst bei einem LAZ-Sichtungstraining im Helmholtz-Gymnasium, entdeckt worden war, an die Tür zur Weltelite angeklopft.
Mit der Bronzemedaille von Paris ist Kristina Gadschiew in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, musste in Interviews Rede und Antwort stehen. Doch die Stabhochspringerin bleibt lieber mit beiden Beinen auf dem Boden, wenngleich das in ihrer Sportart ihren Erfolgen abträglich ist. Das soll heißen, dass sie lieber die Leistungen für sich sprechen lässt. Die haben ihrer Meinung nach, zumindest bei den Experten genügend Aussagekraft.
Die Erfolge haben ihr Ego zweifellos gestärkt, denn der Name Gadschiew erhält zunehmend national und international Gewicht. Bisweilen legt die Hornbacherin auch noch eine Zitterpartie hin. So schaffte sie am Samstagvormittag bei der Qualifikation zum Endkampf erst im dritten Versuch die geforderten 4,55 Meter. Umso abgeklärter trat sie am Sonntagnachmittag auf, als sie ihre ersten vier Höhen jeweils auf Anhieb meisterte und bei 4,65 Meter sogar kurzzeitig die Konkurrenz anführte.
Kristina Gadschiew hat sich auf leisen Sohlen peu à peu nach vorne gekämpft, wobei sie in ihrem Heimtrainer Andrei Tivontchik einen beständigen Förderer gefunden hat. Er glaubt an sie, wie sie auf ihre Glücksbringer schwört. Ihre Miss-Kitty-Socken hat sie stets als Talisman im Gepäck, auch in Paris. Deren positive Ausstrahlung färbt auf die Stabhochspringerin ab. Da hält sie nicht hinter dem Berg, dass ein bisschen Aberglaube einfach zum erfolgreich Sein gehört.
Doch alle die Erfolge haben Kristina Gadschiew nicht verändert. Sie ist die sympathische Athletin geblieben, die in der Dieter-Kruber-Halle in den Trainingseinheiten bei aller Anstrengung für eine gute Atmosphäre sorgt. Die frühere Angespanntheit ist einer gewissen Lockerheit gewichen. Ihre Erfolge haben dazu beigetragen, dass die oftmals von ihr gehegten Selbstzweifel wie ein böses Gespenst verscheucht worden sind.
Sie ist cooler geworden, ihre Leistungen und Erfolge haben sie bestärkt, haben sie reifer werden lassen. Doch stets hat sie ein offenes Ohr für ihre Vereinskameradinnen und gibt auch dem Nachwuchs wertvolle Tipps. „Kristina Gadschiew ist eine Identifikationsfigur des Vereins“, lobt der Vorsitzende Josef Scheer. Die Stabhochspringerin ist gleichzeitig der Beweis dafür, dass Talent allein nicht ausreicht, sondern durch kontinuierliche harte tägliche Arbeit über Jahre der Sprung in die Weltspitze gelingen kann. Kristina Gadschiew ist auf einem guten Weg.
Zugehörige Wettkämpfe
Datum | Name | Ort |
---|---|---|
04.–06.03.2011 | Hallen-Europameisterschaften 2011 | Paris (Frankreich) |
Die letzten 10 Artikel
Datum | Titel |
---|---|
08.03.2011 | Clemens und Donie in U 20-Ländermannschaft |
07.03.2011 | Hornbacherin holt bei Hallen-Europameisterschaft Bronze |
07.03.2011 | Der internationale Durchbruch ist gelungen |
04.03.2011 | Miss-Kitty-Socken als Glücksbringer |
01.03.2011 | Eifrig Punkte für die Pfalz-Auswahl gesammelt |
28.02.2011 | LAZ-Stabhochspringerin Kristina Gadschiew fährt zur Hallen-EM |
28.02.2011 | Kein Gold, aber ein Ticket zur Hallen-EM |
26.02.2011 | Elf Zweibrücker bei Länderkampf |
26.02.2011 | Ehrenplakette als Zwischenstufe |
25.02.2011 | „Mit Gewalt komme ich nicht weiter“ |