Auf die Plätze, fertig – halt
Hintergrund: Erst der Rücktritt zweier Präsidenten, dann der Ausstieg aus den Fusionsverhandlungen für einen Großverband. Und in der Halle in Ludwigshafen ist derzeit sowieso nichts los. Stimmt da was nicht in der Pfälzer Leichtathletik? Die drei Vizepräsidenten sagen beruhigend: Keine Panik auf der Titanic, alles wird gut.
Kaiserslautern. Ohne Not hatten die Delegierten des Leichtathletikverbandes Pfalz vor fast sechs Jahren, auf einem denkwürdigen, düsteren Verbandstag im April 2015, in Grünstadt den Präsidenten gestürzt. Diejenigen, die Ulrich Becker damals davonjagten, haben sich inzwischen selbst auf und davon gemacht: die beiden Nachfolger Paul Paszyna und Joachim Tremmel, Leistungssportchef Thomas Lickteig sowie Hinterdenkulissenarbeiter Lothar Spilke gar, ohne jemals Verantwortung übernommen zu haben.
Kein Wunder, dass die drei amtierenden Vizepräsidenten Robert Wagner (Kaiserslautern), Thomas Beyerlein (Zweibrücken) und Dieter Tisch (Zellertal) schnell mal die Notbremse in den Fusionsverhandlungen mit den Leichtathletikverbänden im Rheinland und Rheinhessen zogen. Zwangsläufig. „Wir haben uns aufgerieben, wir haben vernachlässigt, was wirklich wichtig ist, nämlich die Leichtathletik in der Pfalz“, sagt Thomas Beyerlein. Zugegeben: Es stand auch nicht wirklich gut um eine erfolgreiche Fusion.
„Für mich kam der Rücktritt von Joachim Tremmel im Januar überraschend. Wir hatten das 2017 schon mal. Jetzt müssen wir uns erst mal auf unsere tägliche Verbandsarbeit in der Pfalz konzentrieren, unser Laden muss laufen“, sagt Robbi Wagner, der Finanzchef des Verbandes, der nach dem Paszyna-Rücktritt 2017 kommissarischer Chef bis zur Wahl Joachim Tremmels 2018 war. Jetzt teilt sich das Trio die Führungsaufgabe bis zum nächsten Verbandstag, der wegen der Pandemie jedoch nicht in Sicht ist. Wagner: „Wir brauchen jetzt ein Team, das in der Pfalz funktioniert.“ Thomas Beyerlein tritt so mancher Außendarstellung entgegen und ergänzt: „Niemand hat gesagt, dass die Pfalz nicht fusionieren möchte. Wir sagten: Zunächst ziehen wir uns aus den Verhandlungen zurück.“
Der Leichtathletikverband Rheinland bedauert das Scheitern der Verhandlungen. „Ziel der Fusion war, die Strukturen in der rheinland-pfälzischen Leichtathletik effizienter, kostengünstiger und näher an den Interessen der Athletinnen und Athleten sowie den leichtathletiktreibenden Vereinen zu gestalten. Dieses Anliegen wird der LVR auch weiterhin verfolgen“, sagte LVR-Präsident Klaus Lotz.
Idee aus dem Rheinland
Es gibt einige Sportarten in Rheinland-Pfalz, die nicht oder noch nicht in einem gemeinsamen Fachverband organisiert sind. Auch große sind darunter wie Handball, Tischtennis, Turnen, Ringen, Fechten, Schwimmen oder Ski. Einige aber harmonieren in Arbeitsgemeinschaften (Arge), so auch die Leichtathletik. Und diese Arge läuft sehr gut. Es mag sein, dass die Politik einen Großverband gerne sähe, doch hat sie auch längst zur Kenntnis genommen, wie gut es den Regionen tut, dass zum Beispiel die regionalen Sportbünde die Nähe zur Basis perfekt pflegen. Vom Deutschen Leichtathletik-Verband gibt es keine offizielle Wunschvorstellung von einem Großverband, und dem Landessportbund ist es am wichtigsten, dass es in Sachen Leistungssport so läuft, wie es läuft, nämlich gut. Die Arge ist und bleibt ein guter Ansprechpartner des LSB, der keine Gedanken an eine Fusion verschwendet. Ein Zusammenschluss wäre demnach keine Pflicht, sondern allenfalls ein Kür.
Eine Kür, deren Idee aus dem Rheinland kommt. Vor sechs Jahren in Grünstadt gaben die Delegierten dem pfälzischen Präsidium die Prüfung einer Fusion mit auf den Weg. Nicht mehr und nicht weniger. „Es hieß nie, ihr müsst oder ihr sollt, es hieß nur prüft“, erinnert sich Dieter Tisch. Verhandelt wurde seither sehr viel. Es wurde an einer Satzung gearbeitet, manche sagen herumgedoktert. Aus pfälzischer Sicht entstand ein „chaotisches Gebilde“.
Die Satzung indes ist nicht die einzige Hürde vor einer Fusion. Zuerst müsste ein Verbandstag in der Pfalz ganz offiziell und mit einfacher Mehrheit dem Präsidium den Auftrag erteilen, eine Fusion herbeizuführen. Diese Versammlung hätte längst stattfinden sollen, dann kam das Coronavirus dazwischen. Die höchste unter allen Hürden indes scheint derzeit unüberwindbar: Die Delegierten des Leichtathletikverbandes Pfalz müssten sich auf einem außerordentlichen Verbandstag mit Zweidrittelmehrheit auflösen. „Das sehe ich nicht. Die Zweidrittelmehrheit hätten wir bisher nie und nimmer erreicht, da müsste man den Vereinen schon sehr viel deutlicher die Vorteile einer Fusion schmackhaft machen“, sagt Tisch. Auch Robert Wagner berichtet, dass er in den Unterorganisationen, den vier pfälzischen Bezirken, eine solche Aufbruchstimmung nie gefühlt habe: „Die Bezirke definieren sich über Nähe und Zusammenhalt im kleinen Umkreis.“
Titelkämpfe nur in der Pfalz
Die selbstbewussten Leichtathletikvereine in der Pfalz wissen, dass es ihnen im Vergleich gar nicht so schlecht geht. Nur die Pfälzer richteten im September coronabedingt an vier Wochenendtagen Verbandsmeisterschaften aus, ein Verdienst des emsigen Antreibers Dieter Tisch, was ihm die Athleten und Funktionäre hoch anrechneten. Das haben die Rheinländer und Rheinhessen nicht geschafft. Auch jetzt stehen bereits für den Mai an zwei Wochenenden die Pfalzmeisterschaften im Kalender, aber auch Rheinland-Pfalz-Meisterschaften und die Süddeutschen Meisterschaften in Zweibrücken. Corona müsste mitspielen ...
Außerdem verfügt die Pfalz über ein ziemlich großes technisches Equipment wie Zeitmessanlagen, was die Rheinländer eben nicht haben. Der größte Unterschied indes: Im Rheinland vergibt der Verband die Austragung der Meisterschaften an die Vereine, dort bleibt auch das meiste der Einnahmen hängen. In der Pfalz organisiert der Verband die Titelkämpfe – und freut sich über Einnahmen.
Thomas Beyerlein bringt es auf den Punkt: „Die große Sorge unserer Vereine ist es, dass die kleine Pfalz im Großverband völlig untergeht.“ Diese Sorge konnte bisher in keinem einzigen Satzungsentwurf entkräftet werden. Klar ist: Der Verband im Rheinland hat mehr Vereine und mehr gemeldete Mitglieder (30.500) als die beiden Verbände in Rheinhessen (6500) und in der Pfalz (18.300) zusammen. Noch Fragen? Die Pfälzer sorgen sich demnach, in allen anstehenden Entscheidungen überstimmt zu werden, und sie haben auch die Effizienz einer Fusion noch nicht erkannt. Dabei geht es immer auch um Finanzen, Besitz und Macht. Logo.
Im Prinzip ist alles ganz einfach und wie so oft im Leben: Am besten ist es, man begegnet sich auf dem weiteren Weg auf Augenhöhe. Die Fusion ist ganz sicher nicht vom Tisch, aber der Weg des Aufeinanderzugehens ist eben aus Sicht der Pfälzer recht unklar.
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