Leichtathletik: Der Heimsieg von Speerwerferin Christin Hussong beim Meeting „Sky’s the Limit“ des Leichtathletikzentrums war das i-Tüpfelchen einer bemerkenswerten Veranstaltung. Ovationen gab es für Speerwurf-Sieger Kim Amb aus Schweden und Karsten Dilla. Der Stabhochspringer feierte im Westpfalzstadion seinen Abschied mit Freunden und der Familie.

Zweibrücken. 86,49 Meter! Ein Pfund, das der schwedische Speerwerfer Kim Amb gleich im ersten Versuch raushaute. Eine Weite, die den ehemaligen Speerwerfer und heutigen Vorsitzenden des Leichtathletikzentrums, Alexander Vieweg, begeisterte. „Ein Oberhammer, das hat mich so gefreut“, sagte er. Es war europäische Jahresbestleistung und persönlicher Rekord. Amb beließ es bei zwei Würfen, weil er bei einem Wettkampf in der vergangenen Woche auf die Wurfhand gefallen war.

Solche Spitzenleistungen sind in diesem Jahr nicht selbstverständlich. Denn Wettkämpfe gab es wegen der Corona-Pandemie fast keine. „Da sind schon einige dabei, für die es der erste Wettkampf ist“, sagte Vieweg mit Blick auf das Teilnehmerfeld. Der LAZ-Vorsitzende wuselte den ganzen Samstag zwischen Athleten und Zuschauern umher, nahm die Stimmung auf und freute sich über viel Lob. „Ich bin sehr zufrieden“, sagte er.

Die Athleten konnten endlich wieder ihren Sport als Wettkampf ausüben. Sie durften sich sogar vor Publikum präsentieren. So fanden sich in Zweibrücken nicht nur Freunde und Familien der lokalen Sportler ein. Stabhochspringer Karsten Dilla hatte einen eigenen Fanclub dabei, leicht zu erkennen an den knallroten T-Shirts. Für den 31-Jährigen war das Meeting in Zweibrücken der letzte Karriere-Wettkampf außerhalb von Meisterschaften. Mit den deutschen Meisterschaften in Braunschweig am übernächsten Wochenende beendet er seine Laufbahn.

„Es ist eine Last, die von mir abfällt“, erzählte Dilla. „Ich werde älter, es wird immer schwerer, die Leistung zu erreichen, die man einmal erbracht hat“, fügte er an. Vor neun Jahren sprang er in Jockgrim mit 5,72 Metern im Freien am höchsten. Mit dem, was er in 20 Jahren Stabhochsprung erreicht hat, ist Dilla zufrieden. Zweimal Silber und viermal Bronze bei deutschen Meisterschaften im Freien und der Halle gewann der gebürtige Düsseldorfer. Sein größtes Ziel, die Olympia-Teilnahme, erfüllte er sich 2016 bei den Spielen in Rio de Janeiro.

„Ich hatte mich eigentlich schon damit abgefunden, dass ich keinen Wettkampf mehr machen kann“, erzählte er mit Blick auf die Corona-Folgen. „Die Startmöglichkeit im Autokino Düsseldorf kam ein bisschen überraschend. Ich musste mich motivieren, trainieren. Mit dem Wettkampf in Zweibrücken bin ich sehr zufrieden. Bei 5,51 Metern war es knapp, ich bin froh, dass ich noch mithalten kann“, sagte Dilla, der mit 5,36 Metern Zehnter geworden war.

Die letzten beiden Jahre seiner Karriere lebte Dilla in Zweibrücken und trainierte bei Andrei Tivontchik. Zu seiner Trainingsgruppe zählten Raphael Holzdeppe und Daniel Clemens. „Ich hatte eine super Zeit mit all den Leuten, die ich kennenlernen durfte. Das macht mich schon ein bisschen traurig“, bemerkte er. In Zweibrücken habe er „viele Freunde“ gefunden und „viele gute Erinnerungen“ an die Zeit in der Rosenstadt. „Mit Raffi bin ich im Stabhochsprung groß geworden“, sagte er mit Blick auf den altersgleichen Zweibrücker, den er seit Jugendtagen kennt.

Unterstützung für die Tante

Über die Fans aus ihrem Heimatdorf Herschberg und ihre Schwester Michelle mit ihren beiden Kindern, die die Tante anfeuerten, freute sich Speerwurf-Europameisterin Christin Hussong. Papa Udo war als Trainer eh vor Ort, Mama Gabi und Christins Lebensgefährte packten als Helfer mit an: Die Familie war komplett. „Es ist sehr cool, aber auch ein komisches Gefühl, hier im Heimatstadion zu werfen“, erzählte die 26-Jährige. Sie gewann mit exakt 61 Metern den Wettkampf, war mit der Weite nicht ganz zufrieden. „Ich hatte mich echt gut gefühlt und hätte gerne ein paar Meter weitergeworfen“, sagte sie. Die Isländerin Ásdís Hjálmsdóttir hatte 60,27 Meter vorgelegt, diese Weite überbot Hussong mit ihrem dritten Versuch. „Vielleicht hätte ich kontern können, wenn sie noch einmal weiter geworfen hätte“, grübelte sie, „das ist mein Platz hier. Den will ich jetzt nicht hergeben.“

Trainer Udo Hussong sah die Ursache, warum am Ende ein paar Meter Weite fehlen, in der Oberkörperhaltung und dem Druck, den sich Christin machte. „Sie möchte alles super machen. Sie war ein bisschen nervöser als sonst“, ergänzte er. Obwohl Corona die Saison zerstörte, habe Christin „noch nie Motivationsprobleme gehabt“, betonte er. „Sie hat im Training immer nur Bestleistungen gehabt“, sagte er in Bezug auf Kraftund Wurfbereich. „Die Wettkämpfe fehlen eben“, fügte er an.

Die fehlenden Wettkämpfe stellen auch für Stabhochspringer Raphael Holzdeppe ein Handicap dar. Gerade deshalb hatte er sich auf seinen Heimwettkampf gefreut. Dass der Weltmeister von 2013 vor heimischem Publikum dreimal an der Höhe von 5,51 Metern scheiterte, wurmte ihn. „Ich wäre gerne höher gesprungen“, bemerkte er. So standen unter Strich 5,36 Meter und Rang neun. „Das war ein sehr gelungenes Meeting. Alle waren froh darüber, dass das hier stattfindet“, sagte er.

Längste Wettkampfpause

Im mentalen Bereich sei die Vorbereitung schwierig gewesen: „Ich war noch nie in so einer langen Wettkampfpause.“ Mit der Rückkehr der Wettkampfroutine sollten auch die Höhen wieder stimmen. „Ich freue mich auf die nächsten Wettkämpfe“, sagte er. Bevor Holzdeppe in knapp zwei Wochen bei den deutschen Meisterschaften startet, packt er seine Stäbe in Finnland bei einem Meeting aus. Holzdeppe genoss die Atmosphäre in Zweibrücken, „das war fast wieder normal“. Er aß im Zuschauerbereich eine Currywurst und trank mit den Kumpels, die wie seine Eltern im Stadion waren, ein Bier.

Aus Ahrweiler reisten die Eltern von Sarah Gilles an. Die junge Mehrkämpferin startet seit einem Jahr für das LAZ, weil sie im Landgestüt ein freiwilliges soziales Jahr absolviert. „Ich hatte mich bundesweit umgesehen, wo ich das mit der Leichtathletik kombinieren kann“, erzählte sie. Am Samstag trat sie – wie ihre Vereinskameradin Lea Passauer, die 29,75 Meter warf – im B-Wettkampf des Speerwerfens an. Auf 35,66 Meter schleuderte die 19-Jährige den 600-GrammSpeer im sechsten Versuch. Damit verfehlte sie ihre Bestmarke um einen Zentimeter. „Es war mein zweiter Wettkampf, ich will mich nicht beklagen“, sagte sie. Ihre Bestmarke hatte sie vor einer Woche bei den Mitteldeutschen Mehrkampfmeisterschaften in Halle aufgestellt, wo sie Zweite im Siebenkampf der U20 geworden war. Sie hat damit ihr Ticket für die deutsche Mehrkampfmeisterschaft gelöst.

Zugehörige Wettkämpfe

Datum Name Ort
25.07.2020 Sky's the Limit 2020 Zweibrücken (Deutschland)