Leichtathletik: Christin Hussong, die Speerwurf-Europameisterin aus der Pfalz, macht beim Zweibrücker Meeting nach einem ganz schwierigen Jahr einen Schritt nach vorne.

Zweibrücken. Alle Augen waren auf die Lokalmatadorin gerichtet, alle Daumen wurden gedrückt: Und siehe da, Christin Hussong, die Speerwurf-Europameisterin von 2018, war am Samstag nicht wieder zu erkennen. Die Herschbergerin strahlte mit der Sonne um die Wette, umarmte nach ihrem Heimsieg im Zweibrücker Westpfalzstadion Familie und Freunde, plauderte wieder drauf los, analysierte ihre Versuche punktgenau. Was hat die 29-Jährige in der vergangenen Woche an Selbstvertrauen getankt! Vor zwei Wochen noch, bei der Saisonpremiere in Halle an der Saale, war sie kurz angebunden. Nun sagte Hussong nach ihrem zweiten Saisonwettkampf lachend: „Ich kann wieder reden.“ Und offenbar wieder werfen, was viel wichtiger ist. Auf 56,55 Meter flog der 600-Gramm-Speer im dritten Versuch. Drei ihrer sechs Speere sind im heftigen Gegenwind regelrecht abgestürzt, vor allem der vorletzte Wurf wäre in einem geschlossenen Stadion weit über die 60 Meter geflogen. „Der ist richtig geil rausgeflogen, das hat sich richtig nach Zug angefühlt“, sagte Hussong.

Gefühl schlägt Weite: Zwar ist sie von der 60-m-Marke noch ein Stückchen entfernt, von ihrer zwei Jahre alten Bestleistung von 69,19 Meter sowieso, aber das ist momentan zweitrangig. Es geht darum, nach einem ganz schwierigen Jahr den Anschluss wieder zu finden. „Das war heute ein deutlicher Schritt nach vorne. Wenn ich so jetzt weitermache, dann bin ich mir ziemlich sicher, dass es weit hinaus geht“, strahlte die Top-Athletin des LAZ Zweibrücken Optimismus aus. Schon beim Einwerfen spürte sie, dass sie wieder Zug hinterm Speer hat. „Wir haben letzte Woche viel geredet. Uns sind Kleinigkeiten aufgefallen. Seitdem habe ich erst eine Trainingseinheit absolviert“, berichtete Hussong. Vor allem Probleme mit dem Ellenbogen und mit der Schulter wurden erkannt, sie hat den Arm nicht richtig reingedreht, etwas, was über die Jahre ins Blut übergegangen war und worauf sie sich gar nicht mehr konzentrierte.

„Ich bin eben ein Kopfmensch“, gestand sie, „und jetzt bin ich zufrieden und froh, dass es aufwärts geht.“ Viele der rund 300 Zuschauer waren vor einem Jahr dabei, als Christin Hussong im Zweibrücker Stadion beim Abwurf stürzte und sich schwer verletzte. Die Weltund Europameisterschaften fanden ohne sie statt, sie fiel auch mental in ein tiefes Loch. Körperlich ist sie nun wieder topfit und völlig schmerzfrei, sie traut sich wieder was. Am Freitag wird die zweimalige Diamond-League-Siegerin beim Meeting in Paris starten.

Erleichterung machte sich auch bei Udo Hussong breit, dem Trainer und Vater. „In Halle vor zwei Wochen bin selbst ich nicht an sie herangekommen. Da war sie im Tunnel, achtete nicht auf die Technik. Sie wollte nur drauflos werfen und den Wettbewerb hinter sich kriegen. Heute war das eine ganz andere Christin.“ Udo Hussong bestätigte ihr beste Zubringerleistungen.

Das LAZ Zweibrücken hat nicht nur eine Speerwurf-Europameisterin, es hat auch einen Stabhochsprung-Weltmeister. Und deshalb ist das traditionelle Meeting „Sky’s the limit“ zweigeteilt. Lokalmatador Raphael Holzdeppe belegte mit übersprungenen 5,45 Meter den zweiten Platz hinter Sieger Gillian Ladwig (Schweriner SC), der als einziger 5,65 Meter überflog. Bei den Frauen siegte die Schwedin Michaela Meijer mit 4,35 Meter, höhengleich mit Yana Hladiychuk aus der Ukraine.

Zugehörige Wettkämpfe

Datum Name Ort
03.–04.06.2023 Sky's the Limit 2023 Zweibrücken (Deutschland)