„Glücklich macht mich das nicht“
Leichtathletik: Ernüchterndes Comeback von Speerwurf-Europameisterin Hussong
Halle/Saale. Christin Hussong, die Speerwurf-Europameisterin von 2018, muss sich bei den Halleschen Werfertagen mit 53,60 Meter und Platz fünf begnügen.
Gewissenhaft bereitete sich Hussong auf ihren ersten Wettkampf nach langer Pause vor. Die sehr spezielle Anlage in Halle an der Saale kennt sie aus dem Effeff. Rund um die große Sporthalle am Brandberge, dem Bundesstützpunkt der Werfer in Sachsen-Anhalt, sind die Anlagen angeordnet – fürs Kugelstoßen, für Diskusund Hammerwurf und eben für den Speerwurf. Die Herschbergerin wirft dort seit Jahren, der Wettkampf zum Saisonauftakt ist quasi ein Muss für jede Werferin. 2022 hatte die Athletin des LAZ Zweibrücken in Halle mit 62,33 Meter gewonnen, drei Wochen später ging ihre Saison abrupt zu Ende – mit einem Sturz am 11. Juni im Westpfalzstadion. Aus der Traum von der Titelverteidigung bei der EM in München.
Und jetzt, elf Monate später, nachdem sie und ihr Trainer und Vater Udo sich mit Geduld und der Hilfe von Physiotherapeut Joan Montserrat und Mentaltrainerin Tanja Damaske an einen sorgfältigen Trainingsaufbau gemacht hatten? Wie gesagt: Jedes Tun ist geplant, jeder Schritt. Nur das, was sich im Kopf abspielt, lässt sich nicht so sehr steuern. Christin Hussongs Nervosität ist groß – und sichtbar. Schon beim Einwerfen merkt sie, dass die Speere in einen unberechenbaren Gegenwind fliegen, sie eiern teilweise sogar. Aber die Norwegerin Sigrid Borge lässt eine Granate los – 66,50 Meter.
Förderlich für Hussongs Motivation war das nicht gerade. Die Weite setzte sie eher unter Druck. Dann, um 14.40 Uhr ihr erster Wurf – 53,60 Meter. Der Comeback-Wurf. Er war ganz okay. Aber es geht nicht mehr weiter. Stetes Beraten mit dem Vater und Trainer Udo. Kurze Analyse, gutes Zureden, Mut machen, erklären – in Halle ist das Coaching perfekt möglich, Athletin und Trainer können nahe beieinanderstehen, anders als in großen Stadien. Und auch die Zuschauer sind mittendrin dabei.
52,71, 52,20, 48,85, 52,82 Meter. Nein, das ist nicht das, was Christin Hussong sich erhofft hatte und worauf auch die Trainingsleistungen schließen ließen. Um 15.20 Uhr beendet sie ihren Wettbewerb mit einem lauten Nein, als der Speer erneut kraftlos durch die Luft surrt. Diesen sechsten und letzten Versuch lässt sie gar nicht mehr messen. Sie packt ihre sieben Sachen und macht sich auf den Heimweg. Enttäuscht, rätselnd, aber doch mit zwei Minuten Zeit für eine offene, ehrliche Einschätzung: „Ich habe heute unfassbar viel nachgedacht, ich bin ein extremer Kopfmensch“, sagt sie nach dem Wettkampf. Auch Bundestrainer Boris Obergföll vermutet, sie habe zu viel gegrübelt.
Christin Hussong, die so gewissenhafte, perfektionistische Speerwerferin, die nichts dem Zufall überlässt, die noch nie durch eine Verletzung zurückgeworfen war, bestätigt, dass sie zuletzt im Training viel weiter warf als in diesem Wettkampf. „Ich bin froh, dass ich wieder werfen kann, aber glücklich macht mich das heute gerade nicht. Am Wind lag es nicht. Schön war er zwar nicht, aber man kann auch 66 werfen, das sieht man ja. Aber so ein Wind ist nicht förderlich, wenn man sich nicht sicher ist mit der Technik“, erklärt sie. Am Pfingstsonntag in Rehlingen, sozusagen bei ihr um die Ecke, plant sie den nächsten Schritt.
Zugehörige Wettkämpfe
Datum | Name | Ort |
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28.05.2023 | Pfingstsportfest 2023 | Rehlingen-Siersburg (Deutschland) |
20.–21.05.2023 | Hallesche Werfertage 2023 | Halle (Saale) (Deutschland) |
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