Gold für Christin Hussong
Leichtathletik: Christin Hussong und Raphael Holzdeppe, die beiden olympischen Topathleten des LAZ Zweibrücken, bleiben Medaillengaranten bei deutschen Meisterschaften. Die Speerwerferin verteidigte ihren Titel, der Stabhochspringer verpasste die Titelverteidigung und gewann Bronze.
Braunschweig. Die Siegweite von 63,93 Meter war echt in Ordnung. Ich hatte schon beim Einwerfen ein gutes Gefühl, auch wenn wir uns alle dann beim ersten Versuch schwer taten“, sagte die 26 Jahre alte Europameisterin aus Herschberg. Aber egal: „Heute zählte nur der Meistertitel und ich bin echt stolz darauf.“
Das Training hat in diesem Frühjahr und Sommer eine Frischzellenkur bekommen, die Pflicht ist erledigt, jetzt kann die Kür folgen. „Wir konnten an Sachen arbeiten, für die wir normalerweise keine Zeit haben“, sagte Christin Hussong, die nun daran denkt, an den Meetings in Thum, Offenburg und Anfang September in Rovereto teilzunehmen, wenn sie denn wie geplant stattfinden. Und dann soll auch diese außergewöhnliche Saison, die so genannte „Late Season“, mit einer rund sechswöchigen Pause, ein bissel Urlaub sowie einer gesunden Mischung von Nachdenken, Trainieren und Träumen zu Ende gehen. Träumen von Olympia. „Ja, wir hoffen alle darauf“, sagte sie.
Christin und ihr Vater und Trainer Udo haben die vergangenen Monate genutzt, um an technischen Fehlern zu arbeiten. „Sie ist auch in Braunschweig wieder in den Fehler, den ihr Oberkörper macht, zurückgefallen“, sagte der Trainer, der wie immer versuche filmte. „Nach einem guten Versuch wie dieser auf fast 64 Meter geht sie immer zu forsch an die Sache ran, sie müsste dann einfach ruhiger bleiben, das wissen wir beide, und darüber reden wir auch“, sagte Udo Hussong. „Das stimmt schon. Ich weiß halt, was ich kann und was ich drauf habe, will das allen zeigen und werde dabei zu ungeduldig“, übte sich Christin in Selbstkritik. In einem Feld aber, in dem man die nächstbeste mit acht Metern hinter sich lässt, kann die Spannung schon schnell abfallen, das ist auch verständlich. „Ich sollte als mal ein bisschen mehr nachdenken“, sagte sie grinsend.
Werfen ohne Zuschauer
Ohne Zuschauer zu werfen, das empfand sie schon als sehr komisch, wollte aber nicht jammern, sondern lieber dankbar sein für die Möglichkeit der Titelverteidigung: „Ich habe mich damit abgefunden“. Ihr Vater dagegen meinte: „Für mich als Trainer machte das keinen Unterschied, ich bin da so in meinem Tunnel drinnen. Ich weiß oft auch nichts von den anderen Werferinnen. Alles war anders in diesem Jahr. Wenn schon die Mama daheim bleibt! „Sie hätte ja nicht mit ins Stadion gedurft“, sagte Udo Hussong gegen 20 Uhr am Samstag, kurz vor der Heimfahrt, die dann auch völlig reibungslos klappte, wie Christin am Sonntagmorgen ausgeschlafen erzählte: „Ach, das war locker“.
Eben weil keine Zuschauer da waren, hatten die zwei Handvoll Trainer die Athletinnen vor ihren jeweils letzten Versuchen mit Applaus motiviert. Ein paar kleine Interviews gab“s noch, die Dopingkontrolle, aber keine Siegerehrung. Udo Hussong fand es eher „peinlich“, dass Christin ihre Medaille und ihre Urkunde im Wettkampfbüro abholen musste.
Holzdeppe ist zuversichtlich
Während an beiden Tagen der LAZ-Kampfrichter Thomas Beyerlein im Einsatz war, griff dann am Sonntag Raphael Holzdeppe ins Geschehen ein. Der 30-Jährige, der im vergangenen Jahr die Saison in Doha mit einem sechsten WM-Platz abgeschlossen hatte, hatte sich viel vorgenommen: die Titelverteidigung. Daraus wurde nichts, dennoch schien er nicht unglücklich zu sein. „Ich nehme positiv mit, dass es heute sehr viel besser als bei den letzten beiden Wettkämpfe war. Ich weiß, dass ich deutlich höher springen könnte. Ich fühle mich körperlich fit, aber durch die Pause habe ich den Rhythmus verloren. Ich dachte nicht, dass es so lange dauert, bis er wieder kommt“, sagte der aufgeschlossene Holzdeppe, der auch in Corona-Zeiten seine angenehme Art nicht verloren hat.
„Mit Zuschauern springt es sich besser, es macht mehr Spaß und die Motivation ist größer, aber ich konnte mich mental ganz gut darauf einstellen. Wir wussten ja, dass keine da sind“, sagte der Weltmeister von 2013 zum leeren Stadion. Sein Trainer Andrei Tivontchik, der seinen zweiten Schützling Karsten Dilla mit dem fünften Platz und 5,30 Meter in den wohlverdienten Ruhestand entließ, sagte: „Im Prinzip sind Raphaels Sprünge im Wettkampf immer besser geworden. Leider hat es nicht ganz funktioniert.“ Holzdeppe brauchte bei seiner Anfangshöhe 5,40 Meter den dritten Versuch, der dritte über 5,60 Meter war dafür dann richtig knapp gerissen. „Er braucht immer seine Zeit vor Höhepunkten, er braucht immer ein paar Meetings, um das Gefühl zu kriegen für den Wettkampfablauf“, sagte der Olympiadritte von 1996. Das war nun mal in diesem Jahr nicht möglich.
Zugehörige Wettkämpfe
Datum | Name | Ort |
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08.–09.08.2020 | Deutsche Meisterschaften 2020 | Braunschweig (Deutschland) |
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