Großer Wurf deutet sich beim Einwerfen an
Leichtathletik: Boris Obergföll, Speerwurf-Bundestrainer, sollte in Zukunft als Wahrsager arbeiten: Er hatte die neue Bestleistung der Herschbergerin Christin Hussong vergangene Woche in der RHEINPFALZ vorausgesagt. Die Top-Athletin des LAZ Zweibrücken musste aber bei der Team-EM warten, bis sie sich ihrer neuen Bestmarke von 69,19 Meter ganz sicher war.
Chorzów. „Vielleicht knallt’s bei Christin schon am Wochenende“, hatte der Leitende Speerwurf-Bundestrainer des Deutschen Leichtathletik-Verbands, Boris Obergföll, vor der Team-Europameisterschaft im polnischen Chorzów – gefragt nach Hussongs derzeitigem Leistungsvermögen – orakelt. Und wie es knallte bei Deutschlands derzeit bester Speerwerferin: Christin Hussong pulverisierte am Sonntag ihre bisherige persönliche Bestleistung von 67,90 Meter. Auf 69,19 Meter flog ihr Speer im Silesia-Stadium.
„Habe auch 70 Meter drin“
„Ich wusste, dass ich das drin habe. Ich habe auch die 70 Meter drin“, freute sich die Herschbergerin nach ihrem Traumwurf. Es war ihr zweiter von diesmal nur vier Versuchen in diesem Wettbewerb. „Schon das Einwerfen draußen war gut. Boris hat gesagt: Christin, du hast es heute drauf“, erzählte Hussong nach dem Wettkampf. Als sie ins Stadion gekommen sei, habe sie „einfach ein gutes Gefühl gehabt“, sagte sie.
Bei regnerischem, etwas kühlerem Wetter war schon der erste Versuch absolut in Ordnung, was die Weite anbelangt. 65,37 Meter weit flog der Speer. „Technisch war der allerdings nicht sauber. Aber ich habe gedacht, wenn ich mit dieser Technik schon so weit werfe, dann geht noch was“, merkte sie lachend an. Und es ging was. Die Konzentration wurde vor dem zweiten Versuch nicht gestört. Anlauf, Stemmschritt. Der Speer verließ die Hand, und in diesem Moment wusste die Herschbergerin schon, dass sie den Wurf auf den Punkt fast perfekt getroffen hatte. Sofort ballte sie die Fäuste, ging ein Lächeln über Gesicht.
„Dass ich 69 Meter weit werfen kann, wusste ich. Im ersten Moment habe ich es aber nicht gesehen“, schildert sie. Umso größer die Freude, als schließlich 69,19 Meter angezeigt wurden, was sie in der ewigen europäischen Rangliste auf Platz sechs, in der ewigen Weltrangliste auf Platz acht katapultierte.
Mit ihren 2018 beim EM-Sieg in Berlin geworfenen 67,90 Meter hatte Hussong bislang auf Rang 15 der jemals von einer deutschen Speerwerferin mit dem 600-Gramm-Speer erzielten Weiten gelegen. Christina Obergföll, Ehefrau von Bundestrainer Boris Obergföll und deutsche Rekordhalterin mit 70,20 Meter, hatte in ihrer langen Karriere bis zu dieser Team-Europameisterschaft 13-mal weiter geworfen, einmal Steffi Nerius (68,34). Mit ihrem Wurf von Chorzów katapultierte sich Hussong in dieser Liste auf Rang fünf. Mit vier weiteren Würfen rangiert Obergföll noch vor der 27-jährigen Studentin, die damit auch Medaillenträumen bei Olympia in Tokio neue Nahrung gab.
Papa Udo und die falsche Linie
Seit Sonntag ist Hussong auch die Speerwerferin, die bisher bei einer Team-Europameisterschaft am weitesten warf. Diesen Rekord (68,59 Meter) hatte bisher Christina Obergföll gehalten. „Damit habe ich nicht gerechnet“, bekannte Papa und Trainer Udo Hussong. Dass sie ihre Bestleistung knacken könnte, hatte er aber für möglich gehalten. „Boris Obergföll hat nach dem Einwerfen kurz geschrieben, dass es gut aussieht, dass es was werden könnte“, erzählte Udo Hussong, der den Wettkampf zu Hause im Livestream verfolgt hatte.
Mit 68 Metern „habe ich schon gerechnet“, gibt der Trainer zu, der sich zusammen mit Mama Gaby zu Hause unter anderem um Christins Hund Benny kümmerte. Ihm ging es beim Top-Wurf wie seiner Tochter. „Ich habe zunächst die falsche Linie gesehen und dachte, es waren 65 plus. Aber meine Frau hat sofort gesehen, dass es deutlich über 68 Meter waren“, schildert Udo Hussong. Während in Herschberg auf den Erfolg angestoßen werden konnte, hieß es für die Athleten vor Ort in der Corona-Blase bleiben, nichts riskieren.
Im dritten Versuch kam Hussong noch auf 64,73 Meter. „Bei drei so guten Versuchen kann ich mit dem vierten Versuch sehr gut leben“, sagte Christin Hussong lachend. Der landete nach längerer Pause wegen der Staffelrennen im Aus.
Zugehörige Wettkämpfe
Datum | Name | Ort |
---|---|---|
29.05.2021 | Team-Europameisterschaften 2021 | Chorzów (Polen) |
23.07.–08.08.2021 | Olympische Sommerspiele 2020 | Tokio (Japan) |
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