Bei der Team-EM in Chorzow werden die deutschen Leichtathleten Dritter. Auch dank Speerwerferin Christin Hussong vom LAZ Zweibrücken. Italien kürt sich zum ersten Mal zur Nummer eins in Europa, Zweiter wird Gastgeber Polen.

Zweibrücken/Chorzow. Das Schlesische Stadion in Chorzow in der Nähe von Krakau ist für Speerwerferin Christin Hussong offenbar ein gutes Pflaster. Dort, wo die Herschbergerin 2021 ihr Arbeitsgerät auf die Traumweite von 69,19 Meter geschleudert hatte, platzierte die 29-Jährige vom LAZ Zweibrücken nun erstmals in dieser Saison einen Wurf jenseits der 60-MeterMarke. Bei der Team-Europameisterschaft in Polen landete Hussongs Speer am Sonntag im dritten Versuch bei 60,05 Metern. Das reichte in der Endabrechnung zu Platz zwei – und damit zu 15 Punkten für die EM-Mannschaft des Deutschen Leichtathletikverbandes (DLV). Mit einem Sieg wäre es sogar noch ein Zähler mehr gewesen. „Ich hätte gerne die 16 Punkte geholt – für das Team, für Deutschland. Aber ich bin sehr zufrieden, darauf lässt sich aufbauen. Es geht Schritt für Schritt nach vorne“, sagte die Herschbergerin am Mikrofon der ARD.

Schon im ersten Versuch übertraf Hussong in Chorzow ihre alte Saisonbestleistung (59,14 Meter), die sie beim Diamond-League-Meeting in Paris aufgestellt hatte. Etwas kritisch schaute die Europameisterin von 2018 ihrem Speer hinterher, der sich dann aber erst bei 59,98 Metern in den Rasen des Schlesischen Stadions bohrte. Diese Weite reichte Hussong, um nach dem ersten Durchgang die Spitzenposition zu halten. Nachdem die 29-Jährige ihre Leistung im zweiten Durchgang nicht übertreffen konnte (59,55), schob sich die Tschechin Nikola Ogrodnikova (60,55) vor die LAZAthletin auf Platz eins.

Im dritten Durchgang wollte es Hussong dann wissen: 19 Schritte Anlauf auf der blauen Tartanbahn – und mit einem Schrei schleuderte die 29-Jährige ihren Speer Richtung Stadionmitte: 60,05 Meter – Saisonbestleistung. Diese konnte Hussong im Anschluss nicht mehr toppen. Nachdem auch ihr letzter Versuch vor der 60-Meter-Marke gen Boden sank, streckte die LAZ-Athletin ein wenig enttäuscht die Zunge aus dem Mund und machte den Wurf ungültig. Es gewann Ogrodnikova, die sich noch auf 61,75 Meter verbesserte. Abgesehen von der Tschechin kam aber keine andere Speerwerferin an Hussong heran.

Durch deren 15 Punkte schob sich die deutsche Mannschaft in der Gesamtwertung der Team-EM auf den Bronzerang vor. Doch zu diesem Zeitpunkt standen noch mehrere Wettkämpfe aus. „Ich habe heute gemerkt, dass es eigentlich noch weiter gehen kann. Ich bin beim Wurf nicht in die richtige Position gekommen, das war ein bisschen ärgerlich“, resümierte Hussong. Im Hinblick auf den Zusammenhalt der 46 Athleten des deutschen Teams sagte sie:„Wir treffen uns jeden Abend und lassen den Tag dann zusammen noch einmal Revue passieren. Gestern Abend haben wir uns gesagt: Wir holen hier die Medaille! Das hat vor zwei Jahren, als ich auch dabei war, leider nicht geklappt. Ich hoffe, jetzt geben alle noch mal ihr Bestes – und dass es diesmal am Ende reicht.“

Und es reichte: Rekordgewinner Deutschland wurde am Ende mit 387,5 Punkten Dritter in der Gesamtwertung. Und das, obwohl das DLV-Team aufgrund einer Reihe von Ausfällen mit zahlreichen Nachwuchsathleten am Start war. Nur Italien (426,5) und Titelverteidiger Polen (402,5) hatten am Ende mehr Zähler eingeheimst. Deutschland konnte den kontinentalen Team-Titelkampf sechsmal seit 2009 gewinnen, davon zweimal nach nachträglicher Disqualifikation von Russland wegen Dopings.

„Wir haben vorher gesagt, es geht für uns um einen Podestplatz und den haben wir erreicht“, bilanzierte Jörg Bügner, Sportdirektor des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Zuversichtlich ist er, dass man zwei Monate vor den Weltmeisterschaften in Budapest „auf einem guten Weg“ sei: „Aber am Ende wird bei der WM abgerechnet.“

Bei der Team-EM fehlten Deutschland unter anderem Weitsprung-Olympiasiegerin Malaika Mihambo, sowie die Europameisterinnen Gina Lückenkemper (Sprint) und Konstanze Klosterhalfen (Lauf).

Neben Hussong war es am Sonntag auch ein zweiter rheinland-pfälzischer Speerwerfer, der den Bronzerang absicherte. Europameister Julian Weber vom USC Mainz war bereits mit dem ersten Wurf auf 86,26 Meter erfolgreich. Der 27-Jährige bestätigte damit seine frühe Topform im WM-Jahr. „Der perfekte Wurf war es nicht, aber ich habe ein mega gutes Gefühl“, sagte Weber.

Weitere deutsche Siege in den insgesamt 37 Disziplinen der Team-EM, die in die Europaspiele eingebettet war, konnten noch die Olympia-Zweite Kristin Pudenz (Magdeburg) im Diskuswurf, Hürdenläuferin Carolina Krafzik (400 Meter) und die deutsche 4x100 Meter-Staffel zum Gesamtergebnis beisteuern. Für eine Überraschung sorgte die erst 20 Jahre alte Berlinerin Enatoh Blessing, die im Hochsprung mit persönlicher Bestleistung von 1,87 Meter Zweite wurde.

Nicht zufrieden waren die beiden Teamkapitäne. Staffel-Europameisterin Alexandra Burghardt (Burghausen) plagten Rückenbeschwerden. Sie erreichte nur den 14. Platz über 200 Meter mit 23,61 Sekunden. Der EM-Zweite Tobias Potye (München) war mit 2,26 Metern im Hochsprung und Rang vier nicht zufrieden. „Es ist etwas ärgerlich, weil ich nicht mehr die Versuche hatte, die ich gebraucht hätte, um das Ding noch umzureißen“, sagte er.

Nicht zum Einsatz kam bei der Team-EM Sina Mayer vom LAZ Zweibrücken, die vom deutschen Verband für die 4x100-Meter-Staffel nominiert worden war. Mayer war zwar im Stadion, doch von den fünf Sprinterinnen, die der DLV sicherheitshalber mit nach Polen genommen hatte, war es die LAZ-Athletin, die nicht ran durfte.

Zugehörige Wettkämpfe

Datum Name Ort
19.–27.08.2023 Weltmeisterschaften 2023 Budapest (Ungarn)
23.–25.06.2023 Team-Europameisterschaften 2023 Chorzów (Polen)