Bei Olympia in Peking sprang der Funke einfach nicht über

Für Juan Antonio Samaranch, den 88-jährigen Ehrenpräsidenten des Internationalen Olympischen Komitees, steht es also schon vor der Schlussfeier am Sonntag fest: Die Spiele von Peking „waren die erfolgreichsten aller Zeiten“.

Niemand aus der ehrenwerten Gilde seiner Nachfolger hat dem alten Herrn bisher widersprochen. Obwohl es viele Gründe dafür gibt. Es gehört schon viel Arroganz dazu, von einem großen Erfolg zu sprechen, wenn auch während der Spiele im Gastgeberland die Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Wenn Journalisten an ihrer Arbeit gehindert, wenn Proteste gegen die chinesische Politik schon im Keim erstickt werden – notfalls mit Gewalt. Die Chinesen selbst, die zum Fähnchenschwenken in die Wettkampfstätten abkommandiert und zum Zwangsjubeln verdonnert waren, kamen überwiegend doch sehr unterkühlt rüber.

Es gab Gott sei Dank aber auch Situationen, die unter die Haut gingen. So sorgte vor allem der deutsche Gewichtheber Matthias Steiner nach seinem Sieg im Superschwergewicht für den wohl emotionalsten Moment der gesamten Spiele.

Ganz oben auf der Sympathie-Liste steht auch Jan Frodeno, der Goldmedaillen-Gewinner im Triathlon. Er hat nicht nur einen super Wettkampf hingelegt, sondern sich auch danach prima präsentiert. Das gelang leider nicht allen deutschen Sportlerinnen und Sportlern, die mit großen Hoffnungen ins Reich der Mitte gefahren waren. Zwar hatte das deutsche Olympia-Team am Freitag mit 14 Goldmedaillen bereits eine mehr errungen als 2004 in Athen. Insgesamt jedoch wird der Medaillenspiegel – für viele immer noch das Maß aller Dinge – am Ende weniger Podestplätze ausweisen als vor vier Jahren. Enttäuschend war vor allem das Abschneiden in den meisten Mannschafts-Sportarten. Aber auch viele noch vor den Spielen hoch gehandelte Einzelkämpfer sind in Peking weit hinterher gelaufen, gesprungen oder geschwommen.

Über die Ursachen dafür wird schon trefflich gestritten. Wie auch darüber, ob es menschenmöglich ist, dass die Schwimmer in kürzester Zeit fast alle Weltrekorde pulverisiert haben, allen voran der achtfache Goldmedaillengewinner Michael Phelps. Und darüber, dass ein Läufer so mit der Konkurrenz spielt, wie es der Jamaikaner Usain Bolt im 100-Meter-Endlauf getan hat.

Bisher sind „nur“ fünf Dopingfälle bekannt. Doch selbst anerkannte Experten halten das für Augenwischerei. Deshalb: Widerspruch, Herr Samaranch. Die Olympischen Spiele von Peking waren nicht die erfolgreichsten, es waren die umstrittensten und leider auch die verlogensten aller Zeiten.

Zugehörige Wettkämpfe

Datum Name Ort
08.–24.08.2008 Olympische Sommerspiele 2008 Peking (China)