Als alter Hardcore-Fußballfan machte ich mich gestern früh, 9 Uhr, auf den Weg, die Stadien der WM 2022 abzuklappern. War Ehrensache.

Mein Sitznachbar im Stadion, Andreas Kornes (42) von der „Augsburger Allgemeinen“, hatte die Idee. Wir nahmen ein paar Riyal in die Hand, so heißt die Währung in Katar, und ließen uns von Bishran, einem Nepalesen, der seit drei Jahren im Land lebt und arbeitet, per Taxi kutschieren. Halb offiziell, halb privat könnte man sagen. Für ihn war’s ein Feiertag.

Erst 20 Kilometer nach Norden vom Windham Grand Regency Hotel, dann 40 Kilometer nach Süden. Bishran schien erst ein wenig desorientiert, musste einen Umweg zum Tanken fahren, setzte fast alles um, was wir wünschten, verhielt sich oft sehr vorsichtig, denn: „Mit der arabischen Polizei ist nicht zu spaßen“. Mit 1000 Riyal (250 Euro) sei man schnell dabei.

Dass jedes Mal ein Bauzaun oder eine Straßensperre die Weiterfahrt verhinderte, dafür konnte Bishran nichts. Man kann als Europäer nicht wirklich verstehen, was in diesem Land passiert. Siebenspurige Autobahnen bauen die Kataris ins Nichts. Aus einer staubigen Geröllwüste schießen Hochhäuser oder Einfamilienhäuser hinter hohen Mauern aus dem Boden. Feinste Residenzen. Doch wer soll da wohnen? Von den 2,7 Millionen sind rund 500.000 Kataris, die doch alle schon eine meist noble Unterkunft haben, und die Gastarbeiter leben oft in unwürdigen Verhältnissen zu fünft, zu sechs in allerkleinsten Wohnungen, wie Bishran erzählt. Er selbst hat Glück, er teilt sie sich mit einem Landsmann. Übrigens: Einige der Wolkenkratzer sollen leer stehen, seien nur optische Prestigeprojekte, hört man. Ein attraktiver Rohbau scheint zu vermodern. Stillstand auf der Baustelle.

Lusail heißt der ganz neue Ort oder Stadtteil von Doha im Norden. Im Dunst tauchen dutzende Kräne auf. Sie stehen um einen Klotz herum, der mal ein Stadion werden soll. Der Endspielort der WM 2022. Am 18. Dezember. 86.250 Zuschauer wird er fassen. Ein anspruchsvolles Vorhaben, das Stadion zu füllen. Wir kommen nicht nah heran. Ein vermummter Bauarbeiter gibt uns aber den Tipp, eine Treppe zu erklimmen, in einem triumphbogenähnlichen Gebäude. Ein guter Tipp, um für ein Foto den Bauzaun zu überlisten. Die drei Stunden gerieten in vielerlei Hinsicht zu einem grandiosen, lehrreichen, spannenden Ausflug, nicht nur, weil Andreas und ich uns über die gravierenden Veränderungen gerade im Sportjournalismus gut unterhalten konnten.

Dann ab nach Süden. 40 Kilometer, 30 Minuten. Der Zugang zum Doha Port Stadium wird uns verwehrt. Es soll das schönste und überraschendste Stadion werden. Ins Wasser gebaut. Bishrans Landsmann, der Schrankenwärter, redete leise, schüttelte den Kopf. Außen ist ein Fotografier-Verbotsschild. Man sieht nichts. Dann ab nach Osten. In Al-Wakra steht die „Muschel“. 40.000 Zuschauer, eröffnet im Mai diesen Jahres, neben dem Khalifa-Stadion der Leichtathleten das einzig fertige. Der Parkplatz reicht für jeden. Man muss wissen: Metro hin, Metro her, die gerade in einem Wahnsinnsprojekt bis zur WM weit vorangetrieben sein soll – in Katar fährt jeder Auto. Schließlich das al-Thumama-Stadion. Ebenfalls mit einer Kapazität von 40.000 Zuschauer. Halbfertig. Es wird werden.

Wir haben genug und Lust bekommen. Ich kenne nun Hitze und Wege in Katar. Ich wäre bereit für die WM. Als alter Fußballer !!??!!

Zugehörige Wettkämpfe

Datum Name Ort
27.09.–06.10.2019 Weltmeisterschaften 2019 Doha (Katar)