Kaiserslautern. Wie es ausgeht, hat sie sich im Vorfeld schon ausgerechnet. „Ich werde zu 100 Prozent in der Quali ausscheiden“, sagt Gina Reuland lachend und ganz realistisch. Die Quali, das ist die Qualifikation der Stabhochspringerinnen heute um 16.15 Uhr bei der HallenEM im tschechischen Prag. Für die Luxemburgerin, die an der TU Kaiserslautern im siebten Semester Mathematik studiert, ist es am Wochenende das Debüt bei internationalen Wettkämpfen der Aktiven.

Die 22-Jährige hält bei der Hallen-EM auch die Fahne des LAZ Zweibrücken hoch, wo sie seit mehreren Jahren trainiert. Denn von den Zweibrücker Athleten hatte sich diesmal keiner für die Titelkämpfe qualifizieren können. Weltmeister Raphael Weltmeister war in der Hallensaison auf Formsuche, Kristina Gadschiew sucht Anschluss nach ihrer Achillessehnenverletzung, Anna Felzmann kämpfte mit einer Schulterblessur und Daniel Clemens schaffte die Normhöhe (5,65 m) nicht. Gina Reuland hat sich dagegen bereits am frühen Mittwochmorgen von Frankfurt per Flieger auf den Weg in die tschechische Landeshauptstadt gemacht.

Realistin: Gina Reuland stellt bei der Hallen-EM keine allzu großen Erwartungen an sich.

Dort trifft sie auf die Teamkollegen und Trainer ihres kleinen Nationalteams, das von Luxemburg aus angereist ist. „Wir sind nur vier, fünf Leute. In Luxemburg gibt es nicht so viele Top-Leichtathleten“, erklärt die 22Jährige. „Ich bin schon aufgeregt. Es ist krass, die Hallen-EM miterleben zu dürfen“, sagt Reuland, die aus dem luxemburgischen Schuttrange (deutsch Schüttringen, luxemburgisch Schëtter) stammt. Bisher hatte sie international lediglich bei U20- oder U23-Titelkämpfen zu den Stäben gegriffen. „Dementsprechend fühle ich mich eigentlich noch nicht bereit für so eine EM“, gibt sie zu.

Nach einer Wahrscheinlichkeitsrechnung kann sie sich heute wohl kaum für das Finale der Stabhochspringerinnen am Sonntag qualifizieren. 21 Athletinnen sind am Start, normalerweise springen acht ins Finale, dazu muss man meist um die 4,50 Meter springen. Reulands Hallenbestleistung von 4,25 Metern, gesprungen am 7. Februar in Luxemburg, ist die schwächste aller Vorleistungen. Die Athletin des Klubs CAEG Grevenmacher hat sich dennoch riesig über die Nominierung des Verbandes für die Titelkämpfe gefreut. „Viel erwarte ich nicht von mir. Ich will heute aber das Beste draus machen, und vielleicht in den nächsten Jahren noch ein bisschen weiterkommen“, hofft die Studentin, die in Kaiserslautern in einer Wohngemeinschaft lebt und zurzeit ein studienbegleitendes Praktikum im FraunhoferInstitut absolviert. „Es ist gut zu sehen, wie es im richtigen Berufsleben so läuft. Aber Studieren ist auch nicht schlecht“, meint sie vielsagend.

Trainieren in Zweibrücken, studieren in Kaiserslautern, zu Hause in Luxemburg.

„Irgendwie bin ich dahin gekommen“, meint sie schmunzelnd dazu, wie sie zum ersten Mal im Training beim LAZ Zweibrücken gelandet ist. „2008, 2009 war das – glaube ich zumindest“, genauer weiß sie es gar nicht mehr. Es sei auf jeden Fall noch vor ihrem Studienbeginn in Kaiserslautern gewesen. „Danach hab’ ich Kaiserslautern aber extra als Studienort ausgesucht. Von dort sind es eben nur 30 Minuten zum Training nach Zweibrücken, von Luxemburg waren es jedes Mal anderthalb Stunden.“ In der Zweibrücker Trainingsgruppe mit Kristina Gadschiew, Anna Felzmann, Michaela Donie und dem deutschen Frauen-Bundestrainer Andrei Tivontchik fühlt sich Reuland, die mit 13, 14 Jahren mit dem Stabhochsprung begonnen hat, sehr wohl. „Das passt alles, wir verstehen uns super gut.“ Resultat der Wohlfühlatmosphäre: 2014 sprang sie im Sommer im Freien mit 4,20 eine neue Bestleistung, im Februar kam die neue Bestmarke in der Halle dazu.

Beim international gut besetzten dritten Hallenstürmer-Cup des LAZ Zweibrücken am vergangenen Wochenende kam sie als Fünfte mit einem Satz über 4,23 Meter bereits wieder nahe an ihre Bestleistung heran. In Prag trifft sie mit der Österreicherin Kira Grünberg und der Schweizerin Angelica Moser auf zwei weitere Sportlerinnen, die Zweibrücken als letzten Test vor der Hallen-EM genutzt haben. Vielleicht schauen sogar Reulands zwei Schwestern spontan in Prag vorbei, um sie anzufeuern. Vielleicht findet sie dann die richtige Kurve über größere Höhen. Auch im Lotto zu gewinnen, ist ja unwahrscheinlich, aber manche knacken ja den Jackpot.

Zugehörige Wettkämpfe

Datum Name Ort
06.–08.03.2015 Hallen-Europameisterschaften 2015 Prag (Tschechien)