Karlsruhe. Die Sprinter haben gestern Abend die Halle 2 der Karlsruher Messe gerockt: Dafne Schippers und Mike Rodgers liefen Weltjahresbestzeiten. Schon in den Vorläufen. 7,07 stehen für die Niederländerin zu Buche. Die 200-Meter-Weltmeisterin startete im Finale schlecht und zog bei ihrem Sieg in 7,08 Sekunden erst auf den letzten Metern an Barbara Pierre (USA, 7,09) vorbei. Rodgers, der WM-Fünfte von Peking, wurde zweimal in 6,52 Sekunden gestoppt und siegte vor dem „Dino“ der Sprinter, dem 39 Jahre alten Kim Collins aus der Karibik, der vor 13 Jahren in Paris 100-Meter-Weltmeister war.

In den Mittelpunkt aber rücken die 4500 Zuschauer den Dreikampf an der Stabhochsprunganlage. Ein Kampf auf Biegen und Brechen? Oder doch nur ein einsamer Auftritt des Weltbesten? Natürlich ist der Dreikampf taktisch geprägt. Shawnacy Barber, der nur Shawn gerufen werden will, beginnt bei 5,50 Meter. Ein Sicherheitssprung des Weltmeisters. Er springt locker drüber, ganz locker. Dann steht Raphael Holzdeppe am Anlauf über 5,60 Meter. An dieser Höhe scheiterte der Zweibrücker drei Tage zuvor auf einer deutlich schlechteren Anlage in Düsseldorf. Holzdeppe bläst seine Hände trocken, erst links, dann rechts. Ein Ritual, die Latte fest im Blick. Barber zieht im zweiten Versuch nach, als auf der gegenüberliegenden Seite Ariane Friedrich, die Hochsprung-Meetingrekordhalterin (2,05 m), bei 1,90 Meter dreimal reißt. Es ist ein langer Weg für sie zurück in alte Zeiten, ihre fünf Monate alte Tochter Amy nimmt sie doch sehr in Anspruch. „Sie ist mir auch wichtiger, der Sport ist nebensächlich, aber ich kann noch nicht loslassen“, sagt sie und genießt, dass sie noch immer einen Namen hat in Karlsruhe. Marie-Laurence Jungfleisch gewinnt mit 1,93 Meter.

Renaud Lavillenie, seit zwei Jahren mit 6,16 Meter der Hallenweltrekordler, steigt als Letzter ein. Bei 5,70 Meter. Eine knifflige Höhe für alle. Der 29-jährige Franzose reißt, Barber und Holzdeppe auch.

Startschuss über 60 Meter Hürden. Fünf Hindernisse. Das erste war der Pfälzerin Ricarda Lobe im Vorlauf zum Verhängnis geworden, sie lief nur 8,43 Sekunden und verfehlte das Finale. Kendra Harrison siegt in 7,86 Sekunden, an ihre Vorlaufzeit von 7,82 Sekunden kommt sie nicht heran. Auf Platz vier erfüllt sich Vizeweltmeisterin Cindy Roleder ihren Wunsch. In 7,96 Sekunden bleibt sie unter acht Sekunden. „Das war mein Ziel, das habe ich erreicht. Es ist eine starke Zeit und es ist krass, damit nur Vierte zu werden. Aber die anderen Mädels sind super drauf, aber ich habe gezeigt, dass ich mithalten kann“, sagt die 26-jährige total zufrieden und strahlt.

Genau in die andere Richtung laufen die „Stabis“ an. Barber überspringt 5,70 Meter im zweiten, Holzdeppe und Lavillenie im dritten Versuch. Und damit ist das Pokern eröffnet. Lavillenie lässt 5,77 Meter aus, aber Holzdeppe scheitert an dieser Höhe dreimal. Verdammt! Von wegen Pokern. Wieder eine Chance, sechs Meter zu springen, vertan. Aber Holzdeppe bleibt gelassen. Stabhochsprung ist kein Wunschkonzert, das weiß er. Er weiß, er ahnt, dass sein Tag kommen wird. Barber fliegt über die 5,77 Meter und führt. Und was macht Lavillenie?

Erst mal eine künstliche Pause, denn die 1500-m-Läuferinnen drehen ihre siebeneinhalb Runden. Irres Finale. Die Äthiopierin Axumawit Embaye (21) läuft in 4:08,22 Minuten Jahresweltbestzeit und zieht Konstanze Klosterhalfen, die in zehn Tagen erst 19 Jahre alt wird, und Gesa-Felicitas Krause (23) zu persönlichen Bestzeiten. 4:08,38 Minuten sind U20-Europarekord; für Krause, die WM-Dritte von Peking, stehen 4:08,91 zu Buche. Die Halle feiert die jungen deutschen Laufhoffnungen.

Und sie feiert Lavillenie, denn er zaubert über 5,84 Meter, fliegt im dritten Versuch drüber und steht als Sieger fest. Er, der alles war, nur noch nicht Weltmeister, weil einmal Holzdeppe und dann Barber ihm in die Suppe spuckten.

5,91 Meter lässt er auflegen. Reißt einmal, reißt zweimal und – springt im dritten Versuch drüber. Weltklasse. Meetingrekord. Die Halle tobt und verneigt sich vor dem Franzosen. Er ist und bleibt der Publikumsliebling. Aber er hat noch nicht genug. 6,01 Meter liegen auf. Doch die Kraft reicht nicht mehr – er reißt dreimal.

Zugehörige Wettkämpfe

Datum Name Ort
06.02.2016 IAAF Indoor Meeting Karlsruhe 2016 Karlsruhe (Deutschland)